Am 13.12. hat die Bund-Länder-Konferenz zu einem Beschluss geführt, dessen Auswirkungen wir wegen dem aktuellen Shutdown alle spüren. Der Beschluss ist hier abrufbar. Auch für das Gewerberaummietrecht wurde eine wichtige Regelung getroffen. Worum es genau geht, das haben wir Ihnen im folgenden Blogartikel zusammengefasst.
Inhalt
Corona-Krise: Neue Regelung im Zusammenhang mit Gewerberaum
In dem Beschluss der Länderminister wurde für das Gewerberaummietrecht folgende wichtige Regelung gefasst, in der dortigen Ziffer 15 heißt es:
Die Regelung wird im Zusammenhang mit der bisherigen Rechtsprechung deutlich, nach der staatliche Schließungen von Ladengeschäften weder zu einer Minderung der Miete noch in der Regel zu einer Vertragsanpassung oder Kündigung führen können, weil die Mieterseite insoweit das unternehmerische Risiko trägt.
Die zwei wesentlichen Entscheidungen des Landgerichts Heidelberg vom 30.07.2020 und des Landgerichts Frankfurt haben wir hier und hier für Sie zusammengefasst. Auch das Landgericht Stuttgart und das Landgericht Wiesbaden haben im vergangenen Monat entsprechend entschieden.
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Störung der Geschäftsgrundlage kommt nun grundsätzlich in Betracht
Beabsichtigt ist also eine gesetzliche Regelung, nach der bei einer durch Corona-Maßnahmen bedingten Schließung die sog. Störung der Geschäftsgrundlage als eine Voraussetzung des einschlägigen § 313 BGB – im Gegensatz zur bisherigen Rechtspraxis – grundsätzlich in Betracht kommt.
Nach dem Beschluss sollen Verhandlungen zwischen Gewerbemietern bzw. -Pächtern und Eigentümern vereinfacht werden.
Wie die gesetzliche Grundlage ausgestaltet sein wird, bleibt abzuwarten. Sie könnte möglicherweise noch in diesem Monat vom Bundestag beschlossen werden und soll in das Gesetz zur Restschuldbefreiung eingefügt werden.
Mietminderung von Gewerberaummieten denkbar
Es erscheint wahrscheinlich, dass die sog. Störung der Geschäftsgrundlage durch staatlich verfügte Schließungen vermutet wird und die Vermieterseite dann gehalten ist, diese Vermutung zu widerlegen. Gelänge dies nicht, wäre der Mieter oder Pächter auch bei Vorliegen aller sonstigen Tatbestandsvoraussetzungen beispielsweise zu einer Minderung berechtigt.
313 BGB normiert als weitere Voraussetzungen, dass eine Anpassung des Vertrags verlangt werden kann, soweit einem Teil unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls das Festhalten am unveränderten Vertrag nicht zugemutet werden kann. Nur wenn eine Anpassung nicht möglich oder zu einem Teil nicht zumutbar ist, kann der Vertrag gekündigt werden. Und dann bleibt natürlich noch die Frage nach den Rechtsfolgen (Stundung, Minderung, Kündigung, usw.).
Im Ergebnis wird es also weiterhin auf eine Interessenabwägung zwischen Mieter und Vermieter im Einzelfall hinauslaufen. Diese wird möglicherweise zu unterschiedlichen Ergebnissen führen, etwa dann, wenn der Vermieter in einem Fall eine Privatperson mit geringer Liquidität und im anderen Fall ein institutioneller Anleger mit hoher Liquidität ist.
Update v. 28.12.2020
Das “Gesetz zur weiteren Verkürzung des Restschuldbefreiungsverfahrens und zur Anpassung pandemiebedingter Vorschriften im Gesellschafts-, Genossenschafts-, Vereins- und Stiftungsrecht sowie im Miet- und Pachtrecht” ist am 18. Dezember 2020 beschlossen worden.
Enthalten sind Regelungen zugunsten derjenigen, die für ihren Betrieb Grundstücke oder Geschäftsräume gemietet oder gepachtet haben und die diese aufgrund von staatlichen Maßnahmen zur Bekämpfung der COVID-19-Pandemie nur noch eingeschränkt oder gar nicht mehr nutzen können:
Klargestellt wird, dass die Regelungen zur Störung der Geschäftsgrundlage nach § 313 BGB in der COVID-19-Pandemie grundsätzlich anwendbar sind.
Außerdem wird für Fälle, in denen eine gerichtliche Entscheidung erforderlich ist, eine begleitende verfahrensrechtliche Regelung zur Beschleunigung der gerichtlichen Verfahren getroffen, damit schneller Rechtssicherheit erreicht werden kann.
Update v. 20.01.2021
In Art. 240 § 7 EGBGB findet sich nun die folgende Regelung:
(1) Sind vermietete Grundstücke oder vermietete Räume, die keine Wohnräume sind, infolge staatlicher Maßnahmen zur Bekämpfung der COVID-19-Pandemie für den Betrieb des Mieters nicht oder nur mit erheblicher Einschränkung verwendbar, so wird vermutet, dass sich insofern ein Umstand im Sinne des § 313 Absatz 1 des Bürgerlichen Gesetzbuchs, der zur Grundlage des Mietvertrags geworden ist, nach Vertragsschluss schwerwiegend verändert hat.
(2) Absatz 1 ist auf Pachtverträge entsprechend anzuwenden.
Die Tatbestandsvoraussetzung des § 313 Abs. 1 BGB “Haben sich Umstände, die zur Grundlage des Vertrags geworden sind, nach Vertragsschluss schwerwiegend verändert…” wird also bei staatlichen pandemiebedingten Eingriffen in die Berufsausübung gesetzlich vermutet.
Der Mieter muss hierzu nichts mehr vortragen, vielmehr muss der Vermieter widerlegen, dass sich die Umstände schwerwiegend verändert haben. Dies kann unseres Erachtens zum Beispiel dann gelingen, wenn der Mietvertrag erst nach Ausbruch der Pandemie abgeschlossen wurde, weil diese Risiken dem Mieter dann bekannt gewesen sein müssen.
Der Mieter muss allerdings wie bisher vortragen, dass der staatliche Eingriff existenziell für seinen Gewerbebetrieb ist. Dies ist notwendig im Rahmen der weiteren Voraussetzung des § 313, dass das Festhalten am unveränderten Vertrag nicht zumutbar ist.
Die begleitende verfahrensrechtliche Regelung zur Beschleunigung der gerichtlichen Verfahren findet sich nun in Art. 44 ZPOEG:
(1) Verfahren über die Anpassung der Miete oder Pacht für Grundstücke oder Räume, die keine Wohnräume sind, wegen staatlicher Maßnahmen zur Bekämpfung der COVID-19-Pandemie sind vorrangig und beschleunigt zu behandeln.(2) In Verfahren nach Absatz 1 soll ein früher erster Termin spätestens einen Monat nach Zustellung der Klageschrift stattfinden.
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