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COVID-19: Betreten der Wohnung durch den Vermieter in Pandemiezeiten

COVID-19: Betreten der Wohnung durch den Vermieter in Pandemiezeiten

Isolation Corona Wohnung
Zuletzt aktualisiert am 07.12.2021

Möchte der Vermieter aufgrund eines berechtigten Interesses den Wohnraum seines Mieters betreten, stellt sich die Frage, ob der Mieter den Zutritt mit Hinweis auf den COVID-19-Infektionsschutz verweigern kann.

Corona-Pandemie: Mieter verweigert Vermieter den Zutritt

Die Corona-Pandemie stellt uns vor viele neue Herausforderungen. Auch für Vermieter und Mieter ist die Situation eine besondere. Unter anderem stellt sich die Frage, ob der Mieter während der Pandemie den Zutritt in die eigene Wohnung verweigern darf.

Antwort: In manchen Fällen wird der Mieter verweigern können, in vielen anderen jedoch nicht.

Die Frage der Existenz einer Duldungspflicht durch den Mieter stellt sich insbesondere dann, wenn der Mieter einer Risikogruppe angehört, sich in Quarantäne befindet, selbst oder ein Familienangehöriger erkrankt ist.

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Zutrittsverweigerung zur Wohnung während Corona-Pandemie: Abwägung im Einzelfall

Konkret wird es auf eine Abwägung im Einzelfall ankommen.

Anlässe für den Vermieter zum Betreten einer Wohnung können beispielsweise sein:

  • Instandhaltung und Instandsetzung der Mietsache
  • Bevorstehende Neuvermietung oder Veräußerung der Wohnung
  • Modernisierung der Mietsache

Zu beachten sind für beide Parteien immer die sog. Grundsätze von Treu und Glauben gemäß § 242 BGB sowie das mietvertragliche allgemeine Rücksichtnahmegebot aus § 241 Abs. 2 BGB. Aus beiden Rechtsgrundsätzen wird man stets zu einer Abwägung im Einzelfall gelangen.

Maßnahmen der Instandhaltung und Instandsetzung muss der Mieter grundsätzlich wegen § 555a BGB dulden. Härtefalleinwände durch den Mieter sieht das Gesetz nicht vor.

Zur Duldung von Modernisierungsmaßnahmen ist der Mieter nach ordnungsgemäßer Ankündigung durch den Vermieter grundsätzlich wegen § 555d Abs. 1 BGB verpflichtet. Hier lässt das Gesetz Härtefalleinwände durch den Mieter jedoch ausdrücklich zu, § 555d Abs. 2 BGB. Es muss dann eine Interessenabwägung erfolgen, die berücksichtigt, dass das Gesetz solche Einwände bereits ausdrücklich zulässt.

Die Einwände des Mieters werden ein hohes Gewicht haben, wenn er oder ein Familienangehöriger einer besonders gefährdeten Risikogruppe angehört.

Interesse des Vermieters kann überwiegen

Unseres Erachtens können berechtigte Interessen des Vermieters das Gesundheitsschutzinteresse des Mieters auch in Zeiten von Corona dennoch überwiegen.

Dies kann der Fall sein, wenn Maßnahmen unaufschiebbar sind, weil sonst ein erheblicher wirtschaftlicher Schaden für die Bausubstanz oder für das Vermögen des Vermieters droht.

Bei Besichtigungen zum Zwecke der Veräußerung oder Weitervermietung wird man vom Vermieter allerdings verlangen können, diese Termine zumindest vorübergehend je nach Stand der Infektionszahlen aufzuschieben. In der Regel ist mit solchen Terminen nämlich das Betreten von vielen dem Mieter meistens unbekannten Personen verbunden.

Der Vermieter wird allerdings verpflichtet sein, ausreichende Maßnahmen zum Schutz der Gesundheit des Mieters zu ergreifen. Praktisch erscheinen die folgenden Maßnahmen sinnvoll:

  • Zeitlich und zahlenmäßig begrenzter Einsatz der eigenen Arbeitskraft oder von Mitarbeitern sowie Handwerkern
  • Vermeiden des zeitgleichen Aufenthalts Dritter mit dem Mieter in denselben Räumen
  • Dauerhaftes Tragen von Mund- und Nasenschutz
  • Zurverfügungstellen von Händedesinfektion; Desinfektion von Türklinken

Zutrittsverweigerung während Corona-Pandemie: Beispielhafte bisherige Rechtsprechung

AG Brandenburg, Urteil vom 05.11.2021 (Az. 31 C 32/21), zum Betreten durch den Vermieter zur Instandsetzung bzw. Anbringen von Rauchwarnmeldern und Austausch von Heizkostenverteilern

Der Hinweis des Beklagten darauf, dass „die Auflagen der Bundesregierung Deutschland im Zusammenhang mit der Pandemie … strikt einzuhalten“ sind hilft ihm hier auch nicht weiter. Die Duldungspflicht des Beklagten besteht nämlich trotz der gegenwärtigen Pandemie. Ein derartiger Termin zum Austausch der Heizkostenverteiler und des Einbaus der Rauchwarnmelder wäre nämlich durchaus auch während der Corona-Pandemie – unter Einhaltung der gebotenen Hygienebedingungen und Abstandsregelungen – möglich gewesen.

LG Saarbrücken, Beschluss vom 12.05.2020 (Az. 15 OH 61/19) zur Beweisaufnahme durch einen Sachverständigen vor Ort

Unter Beachtung dieser Infektionsschutzregeln können die Termine in dem vorliegenden selbständigen Beweisverfahren durchgeführt werden, auch wenn an ihnen notwendigerweise fünf Personen oder mehr teilnehmen müssen.

Es obliegt dem Sachverständigen als dem Durchführenden des Beweisaufnahmetermins den notwendigen Infektionsschutz durch Anordnung der allgemeinen Schutzmaßnahmen wie Maskenpflicht oder Einhaltung des Abstandsgebots sicherzustellen. Sofern es seitens einer Partei – etwa weil ein Beteiligter zu einer Risikogruppe gehört – Bedenken gibt, derzeit einen Ortstermin durchzuführen, so ist diese Partei gehalten, für den Eigenschutz zu sorgen. Die Partei kann sich bei dem durchzuführenden Termin vertreten lassen.

Eine Aufnahme des tatsächlichen Zustandes des Gebäudes vor Ort zwingt die Partei nicht dazu, selbst bei den sachverständigen Feststellungen vor Ort anwesend zu sein. Zu den gutachterlichen Feststellungen kann die Partei nach Vorliegen des Gutachtens Stellung nehmen.

Die Partei hätte aber auch die Möglichkeit, durch eine eigenschützende FFP-2-Maske für einen recht weitgehenden Schutz vor einer Infektion zu sorgen. Dabei ist dem Gericht bewusst, dass die obigen theoretischen Ausführungen zum Infektionsschutz auf besondere praktische Schwierigkeiten stoßen werden.

Dies gilt im vorliegenden Fall im Besonderen, weil auch in einzelnen Wohnungen konkrete Feststellungen auch in kleinen Räumen wie Bädern zu treffen sein werden, was beispielsweise die Einhaltung der Abstandsregeln erschwert. Das Gericht kann dabei nur an die Parteien appellieren, durch besondere Disziplin einen größtmöglichen Infektionsschutz sicherzustellen.

AG München, Beschluss vom 25.03.2020, Az. 483 C 4847/20 EVWEG zum Thema Zutritt durch Handwerker wegen Wasserschadens

Die Duldungspflicht des Antragsgegners besteht trotz der gegenwärtigen Pandemie.

Mit Maßnahmen gegen das laufende Wasser kann nicht zugewartet werden, bis sich die gegenwärtige Lage bessert. Ein sofortiges Einschreiten ist erforderlich, um Schäden an Leib, Leben, Gesundheit und der Bausubstanz zu verhindern und einen reibungslosen Geschäftsbetrieb im Supermarkt zu gewährleisten.

Dies gilt insbesondere vor dem Hintergrund, dass es sich bei dem Supermarkt um einen systemrelevanten Betrieb handelt, und den Bedenken des Antragsgegners durch Schutzvorkehrungen beim Betreten der Wohnung und der Ausführung der Arbeiten Rechnung getragen werden kann.