Müssen Vermieter mit einer Verlängerung des Kündigungsstopps für Mieter aufgrund der Coronakrise rechnen? Das Bundesjustizministerium will offenbar den gesetzlichen Ausschluss der Kündigung bei pandemiebedingtem Mietzahlungsverzug um weitere drei Monate verlängern. Eine entsprechende Rechtsverordnung soll derzeit die regierungsinterne Ressortabstimmung durchlaufen.
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Ausbleiben der Miete wegen COVID-19
Die aktuelle Rechtslage bei Zahlungsrückständen bis 30.06.2020
Das Gesetz zur Abmilderung der Folgen der COVID-19-Pandemie im Zivil-, Insolvenz- und Strafverfahrensrecht vom 27.03.2020 hat versucht, in der derzeitigen Situation, in welcher der Mieter aufgrund der Coronakrise seine Miete nicht zahlen kann, einen angemessenen Ausgleich zu schaffen, indem das Recht des Vermieters zur Kündigung aufgrund von Mietrückständen für die Monate April, Mai und Juni 2020 ausgesetzt wird, Art. 240 § 2 EGBGB. Darüber hatten wir bereits ausführlich berichtet.
Der für das Mietrecht relevante § 2 des neuen Art. 240 BGB trat am 01.04.2020 in Kraft. Er lautet:
§ 2 Beschränkung der Kündigung von Miet- und Pachtverhältnissen
(1) Der Vermieter kann ein Mietverhältnis über Grundstücke oder über Räume nicht allein aus dem Grund kündigen, dass der Mieter im Zeitraum vom 1. April 2020 bis 30. Juni 2020 trotz Fälligkeit die Miete nicht leistet, sofern die Nichtleistung auf den Auswirkungen der COVID-19-Pandemie beruht. Der Zusammenhang zwischen COVID-19-Pandemie und Nichtleistung ist glaubhaft zu machen. Sonstige Kündigungsrechte bleiben unberührt.
(2) Von Absatz 1 kann nicht zum Nachteil des Mieters abgewichen werden.
(3) Die Absätze 1 und 2 sind auf Pachtverhältnisse entsprechend anzuwenden.
(4) Die Absätze 1 bis 3 sind nur bis zum 30. Juni 2022 anzuwenden.
Kündigungsstopp für Mieter & Aktuelle Möglichkeiten der Vermieter
Konkret bedeutet das, dass Zahlungsrückstände aus dem Zeitraum 1. April bis 30. Juni 2020 nicht zur Kündigung berechtigen.
Vermieter, die Verbraucher oder Kleinstunternehmer sind, steht gemäß Art. 240 § 1 Abs. 1, Abs. 2 EGBGB ein Leistungsverweigerungsrecht gegenüber eigenen Gläubigern von Dauerschuldverhältnissen zu. Darüber hinaus können Ansprüche der Darlehensgebers des Vermieters gestundet sein, dies hatten wir bereits hier erläutert.
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Verlängerung des Kündigungsstopps für Mieter geplant?
Das Bundesjustizministerium will offenbar den gesetzlichen Ausschluss der Kündigung bei pandemiebedingtem Mietzahlungsverzug um weitere drei Monate verlängern. Somit würde eine Verlängerung des Kündigungsstopps für Mieter bei pandemiebedingtem Ausbleiben der Miete bis Ende September eintreten.
Eine entsprechende Rechtsverordnung soll derzeit die regierungsinterne Ressortabstimmung durchlaufen. Die Bundesregierung würde damit von ihrer gesetzlichen Ermächtigung in Art. 240 § 4 Abs. 1 EGBGB Gebrauch machen, das Coronakrise-Mietmoratorium zu verlängern:
“(1) Die Bundesregierung wird ermächtigt, durch Rechtsverordnung ohne Zustimmung des Bundesrates […]
2. die in § 2 Absatz 1 und 3 enthaltene Kündigungsbeschränkung auf Zahlungsrückstände zu erstrecken, die im Zeitraum vom 1. Juli 2020 bis längstens zum 30. September 2020 entstanden sind, […]
wenn zu erwarten ist, dass das soziale Leben, die wirtschaftliche Tätigkeit einer Vielzahl von Unternehmen oder die Erwerbstätigkeit einer Vielzahl von Menschen durch die COVID-19-Pandemie weiterhin in erheblichem Maße beeinträchtigt bleibt.”
Sollte darüber hinaus eine Verlängerung gewollt sein, müsste der Bundestag zustimmen, Art. 240 § 4 Abs. 2 BGB.
Update vom 25.06.2020:
- Der Entwurf der Verlängerungsverordnung von Bundesjustizministerin Christine Lambrecht (SPD) ist scheinbar schon in der ressortinternen Abstimmung am Widerstand der CDU gescheitert. Damit läuft der gesetzliche Kündigungsausschluss am 30.06.2020 aus.
Verlängerung des Kündigungsstopps zulasten der Vermieter?
Wir wissen von einer Vielzahl unserer Mitglieder im Vermieterverein e.V., die sich ganz konkret dem Mietausfall aufgrund der wirtschaftlichen Folgen der Corona-Pandemie ausgesetzt sehen und fraglich ist, ob die Verlängerung des Kündigungsstopps zulasten der Vermieter gehen wird.
Jan-Marco Luczak (CDU) kritisierte die Pläne zur Verlängerung des Kündigungsstopps. Längere Eingriffe in Mietverträge seien nicht mehr gerechtfertigt:
Mieter sind durch Hilfspakete/Flexibilisierung Kosten d Unterkunft zurecht geschützt. Für Verlängerung tiefgreifenden Eingriffs in BGB u bestehende Verträge gibt es daher keine Rechtfertigung mehr 👉zurück zur Normalität! @cducsubt @hausundgrund_de https://t.co/g4wAREjMqH
— Dr. Jan-Marco Luczak (@JM_Luczak) June 17, 2020
Caren Lay (Die Linke) fordert dagegen noch weitgehender den Erlass von Mietschulden.
Eine Verlängerung des #Kündigungsmoratoriums ist überfällig, wird aber alleine nicht reichen, um Mieter*innen vor den Folgen der #Coronakrise zu schützen. Sie brauchen einen #Erlass von #Mietschulden! Vermieterseite und Staat müssen ihre Beiträge leisten. https://t.co/EbcSoD0jVA
— Caren Lay (@CarenLay) June 16, 2020
Mit Blick auf den bisherigen, nur schwer vorhersehbaren Verlauf der Pandemie und die drohenden Gesundheitsgefahren für große Teile der Bevölkerung sind bei der durch die Bundesregierung vorzunehmenden Prognose keine zu hohen Anforderungen zu stellen.
Allerdings ist eine sofortige Verlängerung um volle drei Monate bis Ende September 2020 möglicherweise auch vom Gesetzgeber so nicht gewollt. Art. 240 § 4 Abs. 1 EGBGB spricht davon, dass “längstens” bis Ende September verlängert werden könne.
Es erscheint also eher verhältnismäßig, wenn die Bundesregierung zunächst diesen Zeitraum nicht vollständig ausschöpfen würde. Eine schrittweise Ausschöpfung des Zeitrahmens durch wiederholte Fristerstreckung wäre sinnvoller und ein positives Signal an die Vermieter.
- Vermietertipp: Sie sind sich nicht sicher, was die mietrechtlichen Änderungen in Folge der Corona-Krise für Sie als Vermieter bedeuten? Dann kontaktieren Sie unsere Mietrechtsexperten, die Ihnen beratend zur Seite stehen – als Mitglied im Vermieterverein e.V. ist die telefonische Beratung für Sie kostenfrei (hier Mitglied werden).