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Die Vermietung an Ukraine-Flüchtlinge

Die Vermietung an Ukraine-Flüchtlinge

BGH Eigenbedarf
Zuletzt aktualisiert am 04.05.2022

Vermieter müssen nur wenige Dinge beachten

Bei der Aufnahme von geflüchteten Personen aus der Ukraine ist aus Sicht des Vermieters nur wenig zu beachten.

Im Gegensatz zu Mietern, die spätestens nach einigen Wochen nach Ablauf der Besuchseigenschaft beim Vermieter die Erlaubnis zur Aufnahme von sog. dritten Personen anfragen müssen, kann der Vermieter frei entscheiden, wen er in seine Räume aufnimmt.

Empfehlung: Schriftlicher Mietvertrag

Auch wenn die Hilfsbereitschaft mit Blick auf die geflüchteten Menschen zu begrüßen ist, sollte dennoch schon aus Nachweiszwecken immer ein schriftlicher Mietvertrag mit den ukrainischen Personen geschlossen werden, wenn auch nur bestehend aus einigen Zeilen und handschriftlich.

Vorübergehender Gebrauch

Aus Rechtssicht dürfte in den meisten Fällen ein sog. Mietvertrag zum vorübergehenden Gebrauch die richtige Wahl sein.

In Abgrenzung zum Zeitmietvertrag, der nur unter hier eher nicht gegebenen Umständen befristet werden kann,  handelt es sich dabei um ein Mietverhältnis, bei dem beide Vertragsparteien davon ausgehen, dass die Mietsache nicht zum ständigen Lebensmittelpunkt des Mieters wird, sondern lediglich auf Grund solcher Anlässe genutzt wird, die ihrer Natur nach von kurzer Dauer sind.

Für den Vermieter hat ein solcher Vertrag nach § 549 Abs. 2 BGB den Vorteil, dass der Mietvertrag befristet werden oder aber auch ohne Angabe von Gründen gekündigt werden kann.

Das mag im Hinblick auf das Leid der geflüchteten Personen nicht unmittelbar in Betracht gezogen werden. Es ist aber zu bedenken, dass man sich ansonsten über längere Zeit eine praktisch unbekannte Person ins Haus holt und aus Vermietersicht in solchen Fällen ein schutzwürdiges Interesse daran besteht, ein Mietverhältnis im Zweifel auch wieder auflösen zu können.

  • Mehr Infos zum Thema Mietvertrag zum vorübergehenden Gebrauch? Hier weiterlesen.

Muster Mietvertrag vorübergehender Gebrauch

Vertragsgestaltung bei Aufnahme in Teil des selbst bewohnten Wohnraums

Will der Vermieter Räume in seiner selbst bewohnten Wohnung oder in seinem selbst bewohnten Haus Geflüchteten zur Verfügung stellen, existiert in § 549 Abs. 2 Nr. 2 BGB eine besondere gesetzliche Regelung, wenn die Zimmer gleichzeitig vertraglich möbliert zur Verfügung gestellt werden. Dann darf der Mietvertrag befristet werden, alternativ gilt wegen § 573c Abs. 3 BGB eine Kündigungsfrist ohne das Erfordernis eines berechtigten Interesses für den Vermieter für beide Seiten spätestens am 15. eines Monats zum Monatsende.

Eine ähnliche Regelung existiert in § 573a Abs. 2 BGB für den Fall, dass der Vermieter Räume in seiner Wohnung vermietet, diese jedoch vertraglich nicht möblieren muss oder an einer Familie bzw. ähnliche Personen überlässt und keine wirksame Befristung erfolgt ist. § 573a Abs. 1 BGB findet Anwendung, wenn der Vermieter eine separate Wohnung vermietet und gleichzeitig die einzige andere Wohnung im Gebäude bewohnt.

Dann kann der Vermieter zwar nicht befristen, aber ebenfalls ohne berechtigtes Interesse kündigen, allerdings verlängert sich die je nach Dauer des Mietverhältnisses bestehende mindestens dreimonatige Kündigungsfrist.

  • Mehr Infos zum Thema Mietvertrag im vom Vermieter selbst bewohnten Räumen? Hier weiterlesen.

In der Regel ist unser Untermietvertrag geeignet, wobei der Erlaubnis erteilende Vermieter und der Hauptmieter auch identisch sein können, wenn der Wohnraum im Eigentum des Vermieters steht. Dort kann auch eine Bruttowarmmiete, Möblierung, und vorübergehender Gebrauch oder eine Befristung gewählt werden.

Verträge für Vermieter Mietverträge Vermieterhilfe

 

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Kündigung des Wohnraummieters, um Geflüchtete aufnehmen zu können?

Das ist schwierig.

Ein berechtigtes Interesse des Privatvermieters zur Kündigung wegen der Aufnahme von Flüchtlingen wird bisher von der allgemeinem Meinung abgelehnt, bei der Kündigung durch Gemeinden jedoch diskutiert. Das ist auch verständlich, weil dem Bestandsmieter sozialer Schutz zukommt.

Möglich ist die allgemeine Kündigung wegen Eigenbedarf nach § 573 Abs. 2 Nr. 2 BGB, nach dem die Kündigung für Familienangehörige zu Wohnzwecken möglich ist. Es wird dabei von der Rechtsprechung zwischen den engen Familienangehörigen, bei denen die bloße Tatsache der Verwandtschaft ausreichend ist, sowie den weiter entfernten Familienangehörigen unterschieden, bei denen der Vermieter rechtlich oder moralisch zur Unterhaltsgewährung oder sonstigen Fürsorge verpflichtet ist.

Bundesgerichtshof, Urteil vom 27.01.2010 (Az. VIII ZR 159/09):

„Damit hat der Senat zum Ausdruck gebracht, dass für die Bestimmung des Kreises der durch § 573 II Nr. 2 BGB privilegierten Familienangehörigen bei entfernten Verwandten ein zusätzliches Kriterium heranzuziehen ist, das auf die konkrete persönliche oder soziale Bindung zwischen dem Vermieter und seinem Angehörigen im Einzelfall abstellt. Dass eine solche Einschränkung bei entfernten Verwandten auf Grund des Gesetzeszwecks – Kündigungsschutz des Mieters – geboten ist, entspricht auch der einhelligen Auffassung in Rechtsprechung und Literatur (vgl. den Überblick bei Blank, in: Schmidt-Futterer, MietR, 9. Aufl., § 573 BGB Rdnrn. 51ff.m.w. Nachw.; Staudinger/Rolfs, BGB, Neubearb. 2006, § 573 Rdnrn. 74ff.m.w. Nachw.). Je weitläufiger der Grad der Verwandtschaft oder Schwägerschaft ist, umso enger muss die über die bloße Tatsache der Verwandtschaft oder Schwägerschaft hinausgehende persönliche oder soziale Bindung zwischen dem Vermieter und dem Angehörigen im konkreten Einzelfall sein, um eine Kündigung wegen des Wohnbedarfs eines Angehörigen zu rechtfertigen.“.

Zu den engen Familienangehörigen zählen: Der Ehegatte, die Verwandten und Verschwägerten in gerader Linie (Eltern, Großeltern, Kinder, Enkel, Urenkel, usw.), die Verwandten in der Seitenlinie bis zum 3. Grad (Geschwister, Nichten/Neffen, Onkel/Tante) und die Verschwägerten in der Seitenlinie bis zum 2. Grad (Schwiegerletern, Schwager).

Eine Kündigung auf Grundlage des § 573 Abs. 1 BGB kommt daher grundsätzlich nicht in Betracht, wenn es sich bei der geflüchteten Person nicht um einen “Familienangehörigen” gemäß § 573 Abs. 2 Nr. 2 BGB handelt.

Allerdings ist nach der Kommentierung (Münchener Kommentar zum BGB, 8. Auflage 2020, § 573, Rdnr. 37) in Ausnahmefällen eine Kündigung denkbar, wenn es sich bei der Bedarfsperson um einen dem Vermieter besonders nahestehenden Menschen, handelt, der in bedrängten Wohnverhältnissen lebt (Flüchtling). Das enge Näheverhältnis kann dann im Verbund mit der prekären Wohnsituation des Dritten das vergleichbare Gewicht erzeugen.

Ob das im konkreten Fall so ist, muss der Tatrichter durch umfassende Würdigung feststellen.