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Ordentliche Kündigung wegen Zahlungsverzug: Abmahnung erforderlich?

Ordentliche Kündigung wegen Zahlungsverzug: Abmahnung erforderlich?

Ordentliche Kündigung Mieter Zahlungsverzug
Zuletzt aktualisiert am 27.09.2022

Die ordentlichen Kündigungsgründe für das Mietverhältnis finden sich in den §§ 573 ff. BGB. Der Vermieter kann danach nur bei berechtigtem Interesse kündigen.

Ein solches berechtigtes Interesse ist nach § 573 Abs. 2 Nr. 1 BGB die schuldhafte nicht unerhebliche Pflichtverletzung des Mietvertrages durch den Mieter.

Voraussetzungen für die ordentliche Kündigung wegen Zahlungsverzug des Mieters

Eine ordentliche Kündigung mit der gesetzlichen Frist des § 573c Abs. 1 BGB (maximal 9 Monate bei Wohndauer länger als 8 Jahre) ist im Gegensatz zur fristlosen Kündigung nach § 543 BGB, die eine sofortige Trennung der Mietvertragsparteien unumgänglich macht, unter Einhaltung einer Frist bis zum Ende des Mietverhältnisses dann einschlägig, wenn dem Vertragsverstoß weniger Gewicht zukommt.

Die Vertragspflichtverletzung stellt der Mietzahlungsverzug dar.

Eine Abmahnung ist nicht erforderlich. Allerdings ist nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ein Zahlungsverzug erforderlich, der

  • eine Monatsmiete übersteigt und
  • zeitlich länger als einen Monat andauert.

Die präzisen Kündigungsvoraussetzungen des § 543 Abs. 2 Nr. 3 BGB für die fristlose Kündigung werden als ausgewogene, gesetzgeberische Wertvorstellungen angesehen, die auch bei der ordentlichen Kündigung beachtet werden müssen.

Der Mieter hat auch ein Verschulden Dritter zu vertreten, so dass es dem Mieter angelastet werden kann, wenn die Zahlung vom Sozialamt geleistet wird (Bundesgerichtshof, Urteil vom 04.02.2015, Az. VIII ZR 175/14).

Bei Nichtbeachtung einer Abmahnung: Geringer Zahlungsverzug ausreichend

Wird allerdings vor Aussprache der ordentlichen Kündigung wegen Zahlungsverzugs eine Abmahnung erklärt, kann die Nichtbeachtung dieser Abmahnung der Vertragspflichtverletzung auch einem geringeren als dem oben genannten Zahlungsverzug das entsprechende Gewicht verleihen, sodass die Schwelle der „nicht unerheblichen“ Pflichtverletzung überschritten wird.

Befindet sich der Mieter daher mit einem Betrag der Miete in Verzug, der die nach § 543 BGB erforderlichen Grenzen (Zahlungsverzug von mehr als einer Monatsmiete bei zwei aufeinanderfolgenden Monaten oder Zahlungsverzug von zwei vollen Monatsmieten bei nicht aufeinanderfolgenden Monaten, §§ 543 Abs. 2 S. 1 Nr. 3 a) bzw. 3b), Abs. 1,  569 Abs. 3 Nr. 1 BGB) für eine fristlose Kündigung nicht überschreitet, kann nach einer Abmahnung und weiterer Nichtzahlung jedoch in der Regel zumindest die ordentliche Kündigung durch den Vermieter ausgesprochen werden.

Ordentliche Kündigung auch nach Ausgleich eines Mietzahlungsverzugs?

Grundsätzlich kommt eine ordentliche Kündigung nach Ausgleich des Zahlungsrückstands von zwei vollen Monatsmieten noch in Betracht. Beschrieben wird damit also der Fall, dass beispielsweise ein Zahlungsrückstand von zwei Monatsmieten bestand, der zur Erklärung der fristlosen und hilfsweise ordentlichen Kündigung berechtigt. Der Mieter gleicht den Rückstand dann allerdings aus und der Vermieter erklärt daraufhin dennoch die ordentliche Kündigung. Eine fristlose Kündigung ist wegen § 543 Abs. 2 S 2 BGB ausgeschlossen.

Die Rechtslage ist unklar, vom Bundesgerichtshof noch nicht entschieden und wird von den Instanzgerichten sowie der Kommentarliteratur uneinheitlich bewertet.

Es wird beispielsweise vertreten, dass es am Tatbestandsmerkmal der „nicht unerheblichen Pflichtverletzung“ gemäß § 573 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 1 BGB fehlt, wenn ein zur Kündigung berechtigender Rückstand vor dem Ausspruch der Kündigung reduziert wird oder entfällt, so dass im Zeitpunkt des Zugangs der Kündigung nur noch ein geringfügiger oder kein Betrag offensteht. In diesem Sinne hat beispielsweise das Landgericht Berlin mit Urteil vom 20.06.2017 (Az. 63 S 309/16) entschieden und eine Räumungsklage des Vermieters abgewiesen. Allerdings hätte das Urteil wohl auch zugunsten des Vermieters ausfallen können.

Die Kommentarliteratur befürwortet teilweise auch die analoge Anwendung der Regelung des § 543 Abs. 2 S. 2 BGB, nach dem die fristlose Kündigung unwirksam bzw. nicht möglich ist, wenn der Zahlungsverzug ausgeglichen wird.

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