Die Gas-Knappheit in Folge des Ukraine-Krieges und die damit einhergehenden steigenden Gaspreise stellen Vermieter vor die Frage, ob eine Herabsenkung der Heiztemperatur – zumindest nachts – möglich ist. Darüber hinaus stehen Vermieter vor dem Dilemma, gegebenenfalls für fehlendes Gas gegenüber den Mietern einstehen zu müssen.
Inhalt
Ist eine Mindesttemperatur zu gewährleisten?
Um die Frage nach der Herabsenkung der Heiztemperatur beantworten zu können, muss zunächst geklärt werden, ob der Vermieter überhaupt dazu verpflichtet ist, eine bestimmte (Mindest-)Temperatur zu gewährleisten.
Soweit Parteiabreden zur Beschaffenheit der Mietsache fehlen, ist § 535 Abs. 1 S. 2 BGB ausschlaggebend. Darin heißt es:
Der Vermieter schuldet die Überlassung zum vertragsgemäßen Gebrauch, die eine zum Wohnen/Vertragszweck geeignete Temperatur impliziert, ganzjährig, also auch außerhalb der sog. Heizperiode.
Mieter einer Wohnung können grundsätzlich erwarten, dass ihre Wohnräume einen Wohnstandard aufweisen, der bei vergleichbaren Wohnungen üblich ist. Dabei ist insbesondere auch das Alter und die Höhe der Miete zu berücksichtigen. Sollten darüber hinaus technische Normen einschlägig sein, ist auch deren Einhaltung geschuldet.
Mieter müssen übrigens nach der seit dem 01.09.2022 für 6 Monate geltenden Verordnung zur Sicherung der Energieversorgung (EnSikuMaV) nicht für eine Mindesttemperatur im Wohnraum sorgen, falls der Mietvertrag eine solche Verpflichtung enthält. Mehr zu diesem Thema finden Sie hier.
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Welche Mindesttemperatur der Vermieter aber gewährleisten muss, ist gesetzlich nicht geregelt.
Grundsätze zur „Behaglichkeitstemperatur“
In der Rechtsprechung haben sich allerdings Grundsätze zur Gewährung einer sog. „Behaglichkeitstemperatur“ entwickelt.
Die Behaglichkeitstemperatur beträgt tagsüber in den hauptsächlich genutzten Räumen 20-22°C, in den Nebenräumen 18-20°C (AG Köln, Urteil v. 13.04.2012, Az. 201 C 481/10).
Zu gewährleisten ist die durchschnittliche Raumtemperatur. Diese wird regelmäßig in der Mitte gemessen, da direkt am Fenster oder direkt am Heizkörper nur mit Abweichungen gemessen werden kann.
Geht es jedoch um die Nachtzeit, ist bislang keine höchstrichterliche Rechtsprechung vorhanden. Die Entscheidungen der Instanzgerichte sind uneinheitlich.
- Das AG Solingen geht in einem Urteil v. 12.05.2010 ( 14 C 113/10) davon aus, dass Raumtemperaturen in den Nachtstunden zwischen 02:00 und 04:00 Uhr von durchgängig 15-16°C ausreichend seien.
- Das AG Köln kommt in einem Urteil v. 05.07.2016 ( 205 C 36/16) zu dem Schluss, dass in den Nachtstunden zwischen 23:00 Uhr und 06:00 Uhr eine Raumtemperatur von mindestens 18°C in der Wohnung erreicht werden muss.
- Das AG Bonn ist in einem Urteil v. 26.01.2021 ( 206 C 18/19) der Ansicht, dass die Temperatur zur Nachtzeit (etwa zwischen 24:00 Uhr und 06:00 Uhr) auf etwa 16-17°C abgesenkt werden kann. Es müsse aber gewährleistet sein, dass die Tagestemperatur innerhalb angemessener Zeit (ca. 30 bis 60 Minuten) wieder erreicht ist.
Minderungsrecht des Mieters
Wird die Behaglichkeitstemperatur über einen längeren Zeitraum nicht erreicht, so liegt ein Mangel der Mietsache vor, der zur Minderung gemäß § 536 Abs. 1 S. 1, 2 BGB berechtigt. Darin heißt es:
Auf ein Verschulden des Vermieters kommt es dabei nicht an, denn dieser hat auch für Beeinträchtigungen des Mietgebrauchs aufzukommen, deren Ursache außerhalb seines Einflussbereichs liegt (OLG Dresden, Urteil v. 18.6.2002, Az. 5 U 260/02).
Die Höhe der Minderung richtet sich grundsätzlich nach den Umständen des Einzelfalls. Die Rechtsprechung hat bei einem Ausfall der Heizung im Winter jedoch bereits Minderungsquoten von 70-100 % angenommen, so z.B.: LG Berlin, Urteil v. 29.07.2022, Az. 61 S 37/02 (70 % bei keiner Heizungsanlage im Winter), LG Hamburg, 15.05.1975, Az. 7 O 80/74 (100 % bei Heizungsausfall im Winter), LG Berlin, 20.10.1922, Az. 65 S 70/92 (100 % bei unterbrochener Gasversorgung).
Bei kurzfristigem Heizungsausfall über wenige Stunden oder vorübergehender geringfügiger Abweichung der Mindesttemperatur von einem Grad, liegt jedoch ein Bagatellmangel vor, der zu keiner Minderung berechtigt. Insofern ist § 536 Abs. 1 S. 3 BGB einschlägig: „Eine unerhebliche Minderung der Tauglichkeit bleibt außer Betracht.“
Was können Sie als Vermieter jetzt tun?
Der Gesetzgeber wird möglicherweise ein Moratorium vorschlagen, wie dies bereits bei der Corona-Gesetzgebung mit mehreren Monatsmieten der Fall war. Für die von uns vertretene Vermieterseite würde dies bedeuten, dass diese fällige Nachzahlungen finanzieren müssten.
– Michael Wolf, Präsident Vermieterverein e.V., Fachanwalt für Miet- und Wohnungseigentumsrecht
Soweit Zahlungsausfälle wegen Zahlungsunfähigkeit entstehen, muss die Vermieterseite die rechtlichen Mittel bis zur Vollstreckung und eventuell Kündigung ausschöpfen. Hier erscheint es jedoch angemessen, eine Stundungsregelung zu ermöglichen. Auf der anderen Seite sollten die Mieter verpflichtet werden, Zuzahlungen des Staates (Energiepreispauschale) sofort an die Vermieter weiter zu leiten.
Warmwasser zeitweise einschränken?
Grundsätzlich erscheint dies rechtlich möglich. Erforderlich ist aber eine Individualvereinbarung, die bei Mietvertragsschluss oder später separat geschlossen wird und auf diesbezüglichen konkreten Gesprächen zwischen Vermieter und Mieter beruht.
Auch wir erhalten vermehrt Anfragen unserer Mitglieder wegen Erhöhung der Betriebs- oder sonstiger Nebenkosten, die mit den allgemein steigenden Preisen und insbesondere den höheren Kosten für die Energieversorgung begründet werden.
Erhöhung Betriebskostenvorauszahlung
Der maßgebliche § 560 Abs. 4 BGB lautet: „Sind Betriebskostenvorauszahlungen vereinbart worden, so kann jede Vertragspartei nach einer Abrechnung durch Erklärung in Textform eine Anpassung auf eine angemessene Höhe vornehmen.“.
Eine Erhöhung ist also nach einer aktuellen Abrechnung möglich. Die „Angemessenheit“ kann sich auch nach bestimmten absehbaren Preissteigerungen bemessen.
Muster: Erhöhung Vorauszahlung nach aktueller Abrechnung
Erhöhung der Betriebskostenpauschale
Der maßgebliche § 560 Abs. 1 BGB lautet: „Bei einer Betriebskostenpauschale ist der Vermieter berechtigt, Erhöhungen der Betriebskosten durch Erklärung in Text-form anteilig auf den Mieter umzulegen, soweit dies im Mietvertrag vereinbart ist. Die Erklärung ist nur wirksam, wenn in ihr der Grund für die Umlage bezeichnet und erläutert wird.“
Eine Erhöhung ist also möglich, wenn diese als Option im Mietvertrag vereinbart wurde. Zur Ermittlung der Erhöhung sind die Betriebskosten zu zwei verschiedenen Zeitpunkten miteinander in Beziehung zu setzen.
Muster: Erhöhung der Betriebskostenpauschale- Vermietertipp: Sie haben Fragen zum Thema? Dann kontaktieren Sie unsere Mietrechtsexperten, die Ihnen beratend zur Seite stehen – als Mitglied im Vermieterverein e.V. ist die telefonische Beratung für Sie kostenfrei (hier Mitglied werden).