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WEG: Videoteilnahme und fehlende Vollmacht

WEG: Videoteilnahme und fehlende Vollmacht

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Dem Urteil des Landgerichts München I vom 09.08.2023 (Az. 1 S 16489/22 WEG) lag ein Beschluss in der Eigentümerversammlung zugrunde, bei der eine Eigentümerin durch ein Online-Video zugeschaltet wurde.

Der klagende Eigentümer wurde in der Versammlung vom Verwalter lediglich informiert, dass die betreffende Eigentümerin inoffiziell teilnehme.

Mit Anfechtungsklage macht er geltend, dass für die Online-Teilnahme ein Beschluss nicht gefasst worden sei. Darüber hinaus habe die zugeschaltete Eigentümerin ihr Stimmrecht nicht ausüben können, da der Verwalter auf Nachfrage keine Vollmacht habe vorlegen können.

Das Landgericht stimmt dem nicht zu.

Online-Teilnahme begründet keinen Beschlussmangel

Der Umstand, dass die Eigentümerversammlung von ihrer durch § 23 Abs. 1 S. 2 WEG nunmehr begründeten Beschlusskompetenz, den Eigentümern eine Teilnahme an der (grundsätzlich physischen) Versammlung auch von außerhalb im Wege elektronischer Kommunikationsmittel zu gestatten, keinen Gebrauch gemacht hat, führe als solches nicht zu einem formellen Mangel des Beschlusses.

Vorliegend werde durch die „unterschwellig“, d.h. ohne dass die Eigentümerversammlung dies durch Beschluss ermöglichte, erfolgte Zuschaltung der Online-Teilnahme weder ein Teilnahme- noch ein Mitwirkungsrecht der Wohnungseigentümer verletzt.

Soweit der klagende Eigentümer gerügt habe, er hätte die Aussagen der zugeschalteten Eigentümerin nicht verstanden, werde insoweit weder sein noch das Teilnahmerecht der Eigentümerin verletzt, da ein reibungsloses Funktionieren dieser Zuschalte mangels Beschlussfassung nicht verlangt werden könne.

Soweit der klagende Eigentümer gerügt habe, dass er die Teilnehmerin mit seinen Aussagen nicht hätte überzeugen können, da sie seine Aussagen nicht wahrnehmen konnte, sei auch sein Mitwirkungsrecht nicht beeinträchtigt, da eine vollwertige Teilnahme mangels entsprechender Beschlussfassung weder erwartet noch verlangt werden könne.

Fehlende Vollmacht unschädlich

Die nicht erfolgte Vorlage der Vollmacht im Original in der Eigentümerversammlung sei unschädlich.

Zwar bedürften seit dem 1.1.2020 Vollmachten gem. § 25 Abs. 3 WEG der Textform.

Zwischen dem Vorhandensein einer Vollmacht und der Vorlage derselben sei jedoch zu unterscheiden.

So könne ein Bevollmächtigter, der seine Vollmachtsurkunde nicht vorlegt gemäß § 174 BGB, zurückgewiesen werden mit der Folge, dass – trotz Vorhandensein der Vollmacht – er von der Vollmacht keinen Gebrauch machen kann.

Gemäß § 174 S. 2 BGB (analog) bestehe jedoch kein Zurückweisungsrecht, wenn der Bevollmächtigende die übrigen Wohnungseigentümer über die Vollmachtserteilung anderweitig informiert habe. Dass die Miteigentümerin dem Kläger gegenüber über Videotelefonat die Vollmacht – über ihr Handy, wenn auch für den Kläger nicht sichtbar – bekundet habe, trage er selber vor. Eine Unwirksamkeit des mit Vollmacht ausgeübten Stimmrechts nach § 174 BGB komme daher nicht in Betracht.

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