Der Bundesgerichtshof hat mit Urteil vom 29.01.2025 (Az. XII ZR 96/23) über einen Sachverhalt entschieden, der sich mit der Frage des Verjährungsbeginns im Hinblick auf den Schadensersatzanspruch des Vermieters wegen Verschlechterungen der Mietsache beschäftigt.
Die Besonderheit im konkrete Fall war, dass der Vermieter den Schlüssel vom Mieter durch Einwurf in seinem Briefkasten gegen seinen Willen zurückerhielt, obwohl auch die Kündigungsfrist des Mieters noch nicht abgelaufen war.
Dennoch bejahte der Bundesgerichtshof hierdurch bereits den Beginn der kurzen sechsmonatigen Verjährungsfrist des § 548 Abs. 1 S. 1 BGB.
Inhalt
Besitzübergang an Vermieter
Der Bundesgerichtshof führt aus, dass der Rückerhalt der Mietsache im Sinne dieser Vorschrift grundsätzlich eine Änderung der Besitzverhältnisse zugunsten des Vermieters voraussetze, weil dieser erst durch die unmittelbare Sachherrschaft in die Lage versetzt werde, sich ungestört ein umfassendes Bild von etwaigen Veränderungen oder Verschlechterungen der Sache zu machen.
Weiter sei für den Rückerhalt erforderlich, dass der Mieter den Besitz vollständig und unzweideutig aufgibt.
Mietverhältnis muss noch nicht beendet sein
Allerdings: Der Rückerhalt gemäß § 548 Abs. 1 Satz 2 BGB setze daneben weder die Rückgabe der Mietsache nach § 546 Abs. 1 BGB noch die Beendigung des Mietverhältnisses voraus.
Vielmehr sei der Rückerhalt der Mietsache auch dann für den Verjährungsbeginn maßgeblich, wenn der Mietvertrag noch nicht beendet ist – mit der Folge, dass ein Anspruch gemäß § 548 Abs. 1 Satz 1 BGB bereits vor Beendigung des Mietverhältnisses verjähren könne.
Zwar sei der Vermieter nicht verpflichtet, die Mietsache jederzeit – sozusagen „auf Zuruf“ – zurückzunehmen, etwa wenn der Mieter kurzfristig ausziehe, ihm den Schlüssel sofort aushändigen wolle und diesen nach gescheiterter Übergabe in den Briefkasten des Mietobjekts einwerfe.
Fehlender Rücknahmewille, aber tatsächlicher Besitzwille
Darauf komme es vorliegend jedoch nicht an. Der Vermieter habe die Mietsache nämlich tatsächlich zurück erhalten.
Nach dem Einwurf der Schlüssel in den Briefkasten des Vermieters sei die für einen Rückerhalt nach § 548 Abs. 1 Satz 2 BGB erforderliche Änderung der Besitzverhältnisse zugunsten des Vermieters im Sinne eines Übergangs des unmittelbaren Besitzes jedenfalls im Zeitpunkt seiner Kenntnis von der vollständigen Besitzaufgabe des Mieters und der eigenen Sachherrschaft eingetreten. Dass diese Änderung dem Vermieter durch den Einwurf der Schlüssel in seinen Briefkasten aufgedrängt wurde, rechtfertige keine andere Beurteilung.
Die Erlangung des unmittelbaren Besitzes setze zwar grundsätzlich einen Besitzwillen voraus. Jedoch genüge hierfür der nach außen erkennbar gewordene generelle Besitz- oder Sachbeherrschungswille. Dieser sei auch bei einer aufgedrängten Sachherrschaft grundsätzlich anzunehmen, wenn der Vermieter – wie hier – im Besitz der Schlüssel sei und diese nicht etwa an den Mieter zurückgebe.
Insbesondere sei der fehlende Rücknahmewille nicht ohne Weiteres dem fehlenden Besitzwillen gleichzusetzen. Denn dem Interesse des Vermieters entspreche es im Regelfall nicht, dass an der Mietsache kein unmittelbarer Besitz mehr besteht, also ein besitzloser Zustand eintrete.
Vor diesem Hintergrund sei es nicht zu beanstanden, wenn aus dem Umstand, dass der Vermieter den in seinen Briefkasten eingeworfenen Schlüssel zum Mietobjekt in der Folgezeit behalten habe, ein Besitzwille abgeleitet werden.
Kein rechtlicher Nachteil für Vermieter
Dem Vermieter entstehe durch diese Beurteilung auch kein unbilliger Nachteil.
Vielmehr werde eine rasche Auseinandersetzung zwischen den Parteien des Mietvertrags gewährleistet, eine beschleunigte Klarstellung der Ansprüche wegen des Zustands der überlassenen Sache bei Rückgabe erreicht und damit dem Gesetzeszweck Rechnung getragen.
Durch den Rückerhalt der Mietsache beginne zwar Verjährung und der Vermieter werde damit zur Vermeidung der Verjährung bestehender Schadensersatzansprüche gezwungen, zeitnah verjährungshemmende Maßnahmen zu ergreifen. Der Rückerhalt lasse aber weder etwaige Mietzahlungsansprüche entfallen noch schließe er Schadensersatzansprüche des Vermieters wegen Pflichtwidrigkeiten des Mieters vor Ende der Mietzeit aus.
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